Happy Birthday MZB!

Am 3. Juli 1995 ist Marion Zimmer Bradley 65 Jahre alt geworden. Das ist sicherlich ein Grund, einmal einen kleinen Artikel über sie zu schreiben. Die meisten Fantasy Fans und auch viele andere kennen mit Sicherheit ein Buch von ihr, „Die Nebel von Avalon“. Doch über ihre Bücher will ich später etwas mehr erzählen.


Marion Zimmer Bradley wurde 1930 als erstes Kind geboren und wuchs auf einer Farm in Albany, New York, auf. Da sie viel kränkelt, wird sie erst ein Jahr später eingeschult als normal. Ihre Kindheit bezeichnet sie als normal, erst in der Schule gehen ihre Probleme erst los. Sie ist etwas kontaktscheu, was wahrscheinlich an mangelnden gemeinsamen Interessen mit den anderen Mädchen liegt. Sie interessiert sich weder für Jungen noch für Mode, womit ein wichtiges Gesprächsthema fehlt. Ihre Interessen liegen eher im literarischen Bereich, sie liest viel (zum Leidwesen ihrer Lehrer schwänzt sie den Unterricht, um in der Schulbibliothek „geschichtliche“ Enzyklopädien zu lesen), sie schreibt (nach eigener Aussage fürchterliche Romane, deren Ideen sie aber später wieder aufgreift) und sie lernt Opernpartien auswendig. Nun, das sind wirklich nicht gerade alltägliche Hobbys für ein junges Mädchen. Ihr Verhalten geht so weit, daß ein Lehrer ihr sogar nahelegt, sich mädchenhafter zu benehmen. Aber sie läßt sich nicht beirren. Mit 19 bricht sie das College ab und heiratet den 30 Jahre älteren Robert A. Bradley. Vielfach wird es so gesehen, daß sie der Enge ihres Elternhauses entfliehen wollte. Wenn das wirklich ein (unbewußter) Beweggrund war, so hat sie nur eine neue Enge gewählt, denn mit ihrem Mann lebt sie nach vielen beruflich bedingten Umzügen schließlich in Texas auf dem Land. Bereits nach einem Jahr wird sie Mutter, sie gibt das Schreiben aber nicht auf. Ihr Mann schickt sie schließlich auch wieder aufs College. Sie studiert im Anschluß daran und macht 1964 einen Abschluß. Während des Studiums entfremdet sich das Ehepaar. Marion will die Scheidung, die ihr Mann aber noch verweigert. Während des Studiums lernt sie ihren zweiten Mann Walter Brenn kennen, den sie heiratet, nachdem sie 1964 die Scheidung bekommen hat. Noch im gleichen Jahr wird ihr zweiter Sohn geboren, 14 Monate später ihre Tochter. Meines Wissens nach lebt sie in Berkeley, Kalifornien, und hat sich in den letzten Jahren von ihrem zweiten Mann scheiden lassen.

Marion Zimmer Bradley wird von vielen als feministische Autorin gesehen, während ihr andere auch vorwerfen, die feministische Sache verraten zu haben. (Sie verlegt ihre Bücher doch tatsächlich bei einem Mann und kann Verständnis für Männer aufbringen, ja manchmal sind ihre Hauptfiguren sogar männlich!) Dazu muß man sagen, daß sie selbst sich nie als feministische Autorin gesehen hat. Sie hat ihre Geschichten so geschrieben, wie sie meinte, daß sie richtig seien. Im Unterschied zu vielen anderen Autorinnen dürfen sich ihre weiblichen Protagonisten mit ganz alltäglichen weiblichen Problemen herumschlagen, wie männlichen Vorurteilen, Regelschmerzen, etc., und es ist nicht ihr einziges Ziel, endlich unter die Haube zu kommen, sie wollen selbständig sein. Welch ein Frevel, wenn man da an eine Barbara Cartland denkt!

„Die Nebel von Avalon“ ist das wohl bekannteste Werk von
Marion Zimmer Bradley

In ihrem Buch „Die Matriarchen von Isis“ beschreibt sie schließlich sogar eine Welt, die von Frauen gelenkt wird und in der Männer nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ein invertiertes Spiegelbild unserer Gesellschaft? Man kann es interpretieren, wie man will. Sicher ist, daß auch Marion Zimmer Bradley genügend Probleme hatte und hat, ihr eigenes Leben zu leben und sich in einer Welt - die zumindest geschäftlich gesehen - von Männern dominiert wird, zu behaupten. Bisher hat sie es ganz gut geschafft.

Thematisch gesehen hat sich Marion Zimmer Bradley nicht nur auf ein Gebiet beschränkt, auch wenn das viele Leser meinen. Lange Zeit galt sie ausschließlich als Science Fiction Autorin, bis sie „Die Nebel von Avalon“ veröffentlichte. Dabei wird aber nicht beachtet, daß sie lange Zeit fast ausnahmslos alles schrieb - meist unter Pseudonym - , mit dem sich Geld verdienen ließ, um ihre Familie ernähren zu können. Sie schrieb Kriminalromane, Schauerromane, Liebesromane, Magazinbeiträge- sogar Lebensbeichten-, und eine Zeit lang gab sie zusammen mit ihrem zweiten Mann ein astrologisches Magazin heraus. Doch immer arbeitet sie auch in ihrem eigentlichen Hauptgebiet und veröffentlicht einiges.


Als ihr eigentliches Hauptwerk kann man den Darkover-Zyklus bezeichnen. Es ist die Geschichte einer Welt, die unbeabsichtigterweise von Menschen besiedelt wird. Diese Kolonie entwickelt sich jahrhundertelang ohne Kontakt zu anderen Menschen, bis sie schließlich wieder entdeckt wird. Zwei unterschiedliche Kulturen prallen aufeinander, die telephatische und feudale von Darkover und die technologische der Erde. Insgesamt stehen 19 Bände in meinem Regal, ich nehme an, daß das bisher alle sind. Zusätzlich gab sie Kurzgeschichtensammlungen über Darkover heraus, die von Fans geschrieben wurden. Leider sind von diesen nur 5 Bände auf deutsch erschienen. Eine weitere Kurzgeschichtensammmlung rief sie gezielt ins Leben, um Autorinnen zu fördern. Hiervon sind ebenfalls nur 5 Bände auf deutsch erschienen (im Fischer-Verlag). Einige der Autorinnen, die bei ihr „angefangen“ haben, haben sich mittlerweile einen eigenen Namen gemacht, so z.B. Jennifer Roberson mit ihrem Schwerttänzer-Zyklus und neuerdings mit einem Robin Hood Roman aus weiblicher Sicht (!) und Mercedes Lackey, die designierte Erbin von Darkover. Mit ihr zusammen schrieb sie bereits den letzten Darkover Roman „An den Feuern von Ha-stur“ (s. Gedankenwelt Nr. 6).

In ihrem erweiterten Familienkreis (ich zähle mal die engeren Freunde dazu) wimmelt es jedenfalls nur so von Autoren, ein kreativer Haufen. Da kann man nur hoffen, daß auch Marion Zimmer Bradley weiterhin von sich hören läßt.

Zum Abschluß will ich noch ein paar Bücher empfehlen, die mir besonders gut gefallen haben. Im Darkover-Zyklus sind das „Herrin der Falken“; „Gildenhaus Thendara“, „Der verbotene Turm“ und „Hasturs Erbe“ und außerhalb natürlich „Die Nebel von Avalon“; nicht ganz so gut sind „Die Wälder von Albion“, die eine Art Vorgeschichte zu den Nebeln sind, und ganz besonders gut hat mir „Das Haus zwischen den Welten“ gefallen.

Andrea Schuhmacher

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