Die Zeit der Gräber

DSA- Roman

Björn Jagnow

Heyne SF und Fantasy 1995

247 Seiten, 12, 90 DM

Vorhersehbar, oft verwendete Story und leider nichts Außergewöhnliches.

Bevor ich aber im Einzelnen zu den speziellen Kritikpunkten komme, möchte ich in altbewährter Weise das Positive an den Anfang stellen. Lobenswert ist die Kurzbeschreibung des Kontinents Aventurien mit der Darstellung der Geographie, Politik und Geschichte nebst Götterwelt. Im Anhang finden sich außerdem Erklärungen zu gefallenen aventurischen Begriffen innerhalb des Romans. Nett und hilfreich für Neulinge im DSA- System ist die Übersichtskarte des Kontinents. Obwohl alle genannten Vorteile inzwischen fast schon Standard in neueren Bucherscheinungen sind, finde ich es immer wieder erwähnenswert, wenn es, wie hier, gut gemacht ist.

Weniger gut gemacht hingegen präsentiert sich der Inhalt des Romans. Im Mittelpunkt stehen die Abenteurerin Narena und Wulfen, seines Zeichens Gelegenheitsmagier, der seine Fähigkeiten nicht hundertprozentig unter Kontrolle hat oder sie unbewußt anwendet. Beide reisen in die Stadt der Toten- ausgerechnet an den fünf Tagen, an denen der Namenlose Gott regiert und das Böse besonders mächtig ist. Parallel zu den Ereignissen in der Stadt, eine ehemalige Boron- Kultstätte, wird die Geschichte eines Druiden des Namenlosen erzählt, der vor langer Zeit den Sohn des dreizehnten Gottes in die Welt gesetzt hatte.

Der gewitzte Leser ahnt bereits schon, was sich abspielen wird. Es kommt nun zu diversen dämonischen Vorkommnissen in der menschenleeren Stadt, Wulfen und Narena entdecken eine geheime Sekte des Namenlosen, die den Gott nach Aventurien holen möchten, um den Rest der Götterwelt zu vernichten. Und, oh Wunder, jetzt entpuppt sich Wulfen doch tatsächlich als der Sohn des Dreizehnten (Nein, wie originell!).

Dunkel erinnert die Story an eine auf aventurische Verhältnisse umgebaute Horror- oder Satanskultgeschichte, und somit ist der Ausgang bereits in der Hälfte des Buches glasklar: Wulfen, ehemals ein glühender Verehrer der Zwölf, stellt sich unvermittelt auf die Seite des bösen Vaters. Aber bevor es richtig zur Sache geht, erscheint die „Kavallerie“ in Form der Inquisition des Gottes Praios. Die Anhänger des magiefeindlichen Gottes stürmen den unterirdischen Tempel und verhindern, wie könnte es auch anders sein, das Schlimmste.

Die Idee des Romanes ist generell trotz der häufigen Verwendung ja nicht schlecht, aber die Umsetzung läßt zu wünschen übrig. Die Wendungen sind selbst für eine Fantasygeschichte zu abrupt (Gesinnungswandel Wulfens, Auftauchen der Praios- Geweihten), machen die Handlung irgendwie unglaubwürdig. Auch die Welt Aventurien, bzw. der Landstrich, in dem der Roman spielt, wird in einer derart negativen Grundstimmung geschildert, daß es mich unwillkürlich an AD&Ds Ravenloft erinnert hat. Neulinge könnten einen falschen Eindruck vom Kontinent und DSA- Spiel an sich erhalten.

Was ebenfalls übel aufstoßen könnte: Die andeutungsvolle Beschreibung, wie der Druide den Sohn des Namenlosen zeugt- nämlich gegen den Willen der Frau, die er dazu mal eben mißbraucht und sie ein Jahr gefangenhält.

Nix für Ungut, aber müssen solche Beschreibungen in Büchern sein, deren Leser zum Teil erst das zwölfte oder dreizehnte Lebensjahr erreicht haben?! Und falls die Jugendlichen in Biologie das „Wunder der Geburt“ im Unterricht verpaßt haben, hier können sie es haarklein und detailliert auf zehn Seiten nachlesen (inklusive Dammschnitt und platschender Nachgeburt! Lecker, echt lecker, Björn!).

Fazit: Kein besonders gelungener Roman, der mich nicht vom Stuhl gerissen hat. Hoffentlich sind die anderen DSA- Bücher besser.

Markus Heitz

Diese Seite ist Teil der Webpräsenz der Gedankenwelten e.V..
Die Rechte an den Artikeln liegen bei ihren Autoren.
Die Webpräsenz wird von der nMedien GbR freundlich unterstützt.