Vorhang auf für:

Exotische Waffen

Ein universelles Compendium für alle Fantasy-rollenspiele

Gschwind, Michael

67 Seiten, Tyr Games, 2end. Edition, Cheb 1994 (Dritte Auflage)

Preis: ca 10 DM

Tja, da liegt es nun, das immerhin 67 (mit letztem Werbeblatt sogar 68) Seiten umfassende „Compendium“, und wurde gnadenlos rezensiert.

Vorneweg muß ich sagen, daß ich ein kleines bißchen enttäuscht von dem Gschwindschen Werk bin. Vermißt habe ich nämlich die wirklich exotischen Waffen in dem Büchlein; das liegt eventuell daran, daß entweder „exotisch“ ein dehnbarer Begriff ist und ich andere Vorstellungen hatte oder mir schon zu viele Waffen bekannt sind.

Fangen wir mit den positiven Aspekten des „Compendiums“ und einer kleinen Inhaltsübersicht einmal an. Es verfügt über einen Index, eine Übersichtstabelle für Preise, Gewichte und Längen der Waffen. Weiterhin gibt es eine Schadenstabelle, die eine Umrechnung der im Buch angegebenen Werte auf fünf verschiedene Rollenspielsysteme ermöglicht (Schade, daß die Systemnamen nicht dabei stehen!).

Das erste Kapitel des „Compendiums“ befaßt sich auf elf Seiten mit „Magischen und exotischen Fantasywaffen“. Hier begegnete mir Bekanntes und zu meiner Freude auch Neues, was mal einen Blick lohnt. Die eine oder andere Waffe ist sowohl interessant als auch zweischneidig, z.B. Tenzer`s Blitzableiter (zieht alle gegnerischen Zaubersprüche während eines Kampfes auf sich... und natürlich auch auf den Träger! Spaßig!). Hier läßt sich also noch was an Novitäten finden.


Gschwind geht im nächsten Kapitel das Thema „Feuerwaffen“ an, gibt historische Hintergrundinfos über Schwarzpulver, frühe Handfeuerwaffen und Kanonen sowie Regeln für Umgang und Gebrauch im Rollenspiel an. Tips für die Integration der mehr oder wenig genreechten Schwarzpulverwaffen erhält der Leser ebenso.

Die nächsten Kapitel des „Compendiums“ widmen sich den „Armbrüsten“ und „Besonderen Pfeilarten“. Vorgestellt wird hier, wie die unterschiedlichen Fernkampfwaffen aus der Armbrustfamilie geladen und gespannt werden, welchen Schaden sie machen und wie die Reichweite ist. Zehn neue (?) Pfeile für den Bogen finden sich außerdem.

Als nächstes folgen die „Besonderen Waffen des Mittelalters“ und „Ausgefallene Waffen“, sowie „Asiatische Waffen“. Leider muß ich sagen, daß 95% der angegebenen Kampfgeräte in irgendwel-chen anderen und mitunter hundsnormalen Regelwerken zu sehen sind.

Beispiel: Kriegssense, Kriegsgabel, Rabenschnabel, Glefe, Luzerner Hammer oder Korseke- alles schon im AD & D- Spielerhandbuch zu finden (S. 71- 72)!

Neugierig hechelte ich dann zum Kapitel „Ninjas und ihre Waffen“ und traf zu meiner Überraschung auf knappe, aber dafür gute Ausführungen zu den historischen Ninjas im mittelalterlichen Japan: Wer sie waren, was sie gemacht und gekonnt haben. Ich bin Gschwind auf jeden Fall dankbar, daß ein bißchen näher auf die Schattenkrieger und deren Hintergrund eingegangen wurde.

Wirklich interessant ist der folgende, leider sehr kleine Abschnitt über „Besondere Materialien“, wo Einblicke in einen Schmiedevorgang gewährt werden, wann und warum Schwerter hart werden und was der Kohlenstoff damit zu tun hat. Kurz und für den Laien lehrreich, würde ich meinen.

Das „Compendium“ nähert sich dem Ende, und ich stieß auf das Kapitel „Regelerweiterungen“. Dort werden Hilfen zu gezielten Angriffen, Handgemengen- tödlicher Faustschlagschaden-, improvisierten Waffen, Rüstungsbeschädi-gungen durch Treffer und schweren Treffern an den Spieler gegeben. Danach folgt der beschriebene Anhang mit den Waffenwerten.

Ihr fragt jetzt sicher, warum ich ein bißchen enttäuscht vom diesem „Compendium“ bin, obwohl es doch nicht schlecht klingt?!

Vielleicht war ich der falsche Mann für die Buchbesprechung, bin ich doch immerhin stolzer Besitzer einer umfangreichen Sammlung von „Palladium“- Hintergrundbüchern, u. a. „Weapons and Assassins“, „Weapons and Castles of the Orient“ und „The Book of Weapons, Armours and Castles“ (Europa). Im Vergleich mit diesen geballten Ladungen detaillierter und höchst informativer Werke hat das „Compendium“ natürlich einen schweren Stand, beziehungsweise geht gnadenlos unter.

Nun ist aber Tyr Games nicht Palladium, und von daher würde ich meinen, daß das Gschwindsche Werk ein Appetithäppchen für Einsteiger ist und mehr auch nicht sein wird! Mit Ausnahme einiger magischer Waffen ist alles schon mal dagewesen (streckenweise sogar besser!). Alte Rollenspielhasen werden sich kaum an „Exotische Waffen“ vergreifen- dafür gibt es zu viele und speziellere Ergänzungswerke der verschiedensten Firmen.

Was ebenfalls bemängelnswert ist: Blättere das „Compendium“ drei bis vier mal hin und her und es zerfällt, geht aus dem Leim.

Was mir auch nicht gefallen hat, ist der Satz zum Kapitel Regelerweiterungen: (Zitat) „Hier noch einige optionale Regeln, die den Kampf im Rollenspiel realistischer machen sowie einige Fragen klären, die von vielen (!) Rollenspielen offengelassen werden.“ (S. 59).

Also, ehrlich! Gerade die Thematik „Gezielte Angriffe“ wird in fast jedem Fantasyrollenspiel durchgekaut, ebenso „Schwere Treffer“ oder „Rüstungsverschleiß“ ( Bsp.: AD&D, DSA, Harnmaster, Rolemaster etc.). Die Ideen sind ja recht nett, aber durch die Existenz von Regeln eigentlich hinfällig. Wem`s allerdings so besser gefällt, der nutze die abgedruckten Vorschläge...


Eine gute Idee ist die Umrechnungstabelle der im Buch angegebenen, eigenen Waffenschadencodes auf gängige Rollenspielsysteme (wie schon erwähnt)- leider stehen dort nur Zahlen ohne Angabe, für welches System nun welcher Wert eigentlich gedacht ist. Eingefleischte Spieler, die Überblick über diverse Fantasymodule und -welten haben, erkennen anhand der Schadenswürfel wahrscheinlich die Systeme, aber Frischlinge stehen alleine auf weiter Flur.

Es wäre auch nett gewesen, wenn Gschwind eine Bibliographie seiner benutzten Werke und des „hi-storischen Materials“ beigefügt hätte, zwecks Ver-tiefung verschiedener Themen.

Abschließend: Für ein „Compendium“ (in korrektem Deutsch müßte es übrigens „Kompendium“ heißen) ist es ein ziemlich dünnes Büchlein, das wirklich nur was für Einsteiger ist. Ansonsten hat es schöne Ansätze, anschauliche Beschreibungen sowie Bilder zu Waffen und nette Ideen, die aber nicht zum Kauf animieren... mich jedenfalls nicht. Und für Rollenspieler, die nicht des Englischen mächtig sind hat es den Vorteil auf Deutsch geschrieben zu sein. Schmalen Geldbeutel zum Trost: Das „Compendium“ kostet ungefähr 10 DM.

von Markus Heitz

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