Köpfe

Greg Bear

Heyne 1995

171 Seiten, 9,90 DM

Rho Sandoval ist das enfant terrible des auf dem Mond angesiedelten Sandoval- Familienkonzerns und ahnt überhaupt nicht, in welche Schwierigkeiten sie ihre Sippe bringt, als sie auf der Erde günstig ein Paket sogenannter "Eisleichen" ersteht- die professionell tiefgekühlten Häupter von reichen Verstorbenen, die darauf hofften, eines Tages wiederbelebt zu werden. Während Rho damit beschäftigt ist, den Toten die letzten Erinnerungen vor ihrem Ableben zu entlocken und ihr Gatte William ganz nebenbei versucht, mit Hilfe von Chaospumpen und einem Quantenlogik- Denker1 Null Grad Kelvin zu erzeugen, eilt Mickey Sandoval- Rhos Bruder, Ich- Erzähler und ein richtiger Volltrottel- zur Präsidentin2 und erzählt ihr von den Köpfen. Was er in seinem jugendlichen Leichtsinn angerichtet hat, merkt er erst dann, als der Familienclan plötzlich im gesellschaftlichen Abseits steht. Halten die anderen Familienkonzerne das Herumexperimentieren mit Toten etwa für unmoralisch- oder graut ihnen bloß vor dem, was der Kopf eines prominenten Sektengründers3 beinhalten mag?

Greg Bear kann froh sein, daß er sich als SF- Schriftsteller bereits einen Namen gemacht hat, denn ein Unbekannter wäre für ein solches Buch erschossen worden. Was, bitteschön, soll dieser Roman sein- ein ethisches Traktat, eine Abrechnung mit Scientology, eine Abhandlung über die Psyche geltungsbedürftiger Angestellter oder eine Einführung in die Quantenlogik? Um es mit den (einfachsten) Worten des Quantenlogik- Denkers zu sagen: "Ich habe keine Ahnung." Dafür ist mir aber klar geworden, was "Köpfe" nicht ist- spannend oder auch nur irgendwie unterhaltsam, aber vielleicht liegt das ja auch bloß an meinem beschränkten Intellekt4. Ganze drei Tage lang quälte ich mich durch die mageren 170 Seiten, um dann mit einem Ende bestraft zu werden, das jeder Überraschung entbehrt. Für das Timing der Schlußsequenz muß gar der dumme Zufall herhalten. Ist das nicht geradezu peinlich?

Ach ja: Die Illustrationen sind gut.

Fazit: Mit "Köpfe" hat Greg Bear bewiesen, daß er mehr Ahnung von Physik hat als ich.

P.S. Wenn jemand unbedingt ein Buch über konservierte Köpfe lesen möchte, soll er oder sie sich bitteschön an Fritz Leiber5 halten. Der hat irgendwann einmal einen Roman zu diesem Thema geschrieben, der zwar auch nicht gerade originell, dafür aber wenigstens versaut ist...

1 Der QL soll wohl so etwas wie ein Computer sein und sagt von Zeit zu Zeit solche interessanten Dinge wie "Einschränkungen der Wahrscheinlichkeiten von Atompositionen führen unter Umständen zu einer Gleichschaltung von praktischen Partikelaktivitäten mit einer verstärkenden Wirkung auf andere Quanteneffekte, einschließlich einer fernbewirkten Freisetzung von Quanten- Informationen, die normalerweise zwischen Partikeln ausgetauscht werden und für nicht am Austausch Beteiligte unzugänglich sind." (S. 53). Cool.

2 Die ist Mitglied des Task- Felder- Clans, und die Task- Felders sind allesamt überzeugte Logologisten... äh... naja, Logologisten sind halt Mitglieder der Logologie- Sekte.- Wer lacht da?

3 Welche Sekte mag er bloß gegründet haben?

4 Jawoll, dann bin ich halt primitiv, aber ich mag keine langweiligen Bücher!!!

5 Fritz Leiber hat auch SF geschrieben. Im Ernst. Und Horror. Und das fragliche Buch hieß "Die fliegenden Köpfe". Oder so ähnlich.

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